Na hier ist ja schon ordentlich was los. Dann nehmt euch ne Tüte Popcorn

, die erste Geschichte wird lang, denn sie beginnt bereits vor drei Jahren. Dafür gibt es viele Fotos und bei den nachfolgenden Pflegis fasse ich mich kürzer, versprochen
Sanja
Sanja ist die allererste Streunerin meines Lebens, der Ursprung meiner Aktivitäten im Katzenschutz, ihre Geschichte beginnt wie gesagt bereits vor drei Jahren als ich von Berlin an die Ostsee zog. Ich wußte durch die Vorbewohner des Hauses bereits von einer streunenden Kätzin, die ab und zu im Garten auftaucht und keinen Besitzer hatte. Dann erfuhr ich von einer Nachbarin noch, daß diese Streunerin jedes Jahr ihre Jungen in ihrem AußenBackofen zur Welt brachte. Da sie aber niemandem gehört, hat sich auch niemand für sie zuständig gefühlt, Dorf halt...
Als ich anfing sie zu füttern stellte sich heraus, daß sie ihre Tochter vom letzten Jahr noch bei sich hatte, war hier aber niemandem aufgefallen, Dorf halt. Als ich beide dann eingefangen hatte und beide zur Kastration gebracht hatte wurde ich vom TA gebeten die Mutterkatze ein paar Tage unter Beobachtung zu behalten, da sie komplett ausgeräumt worden war und die Kreislaufbelastung doch arg groß waren. Damit sie nicht allein ist und ausflippt vor Angst hab ich die Tochterkatze mit drinnen behalten.
Links die Mama hab ich Sanja getauft, ihre Tochter rechts hat meine Tochter Isabelle benannt
Bei meiner (erwachsenen) Tochter war es Liebe auf dem ersten Foto und so bekam Isabelle bei ihr im fernen Berlin ihr endgültiges Zuhause mit rundum-sorglos-Paket samt Spielgefährtin. (Meine allererste "Vermittlung" überhaupt

)
Sanja dagegen, wild geboren und zu dem Zeitpunkt wohl schon ca 6 Jahre "auf der Straße", hab ich wieder raus gesetzt und ihr eine Futterstelle auf meiner Terasse eingerichtet. Sie hat hier nichts zu befürchten, kennt sich aus und bekommt nun auch noch Futter, da fand ich das Raussetzen in Ordnung.
Ich habe Sanja zwei Jahre lang gefüttert, dann veränderte sich die Situation für sie zum Schlechten, weil eine monatelange Baustelle direkt vorm Haus sie daran hinderte zum Fressen zu kommen. Außerdem hatte die Sonne der letzten Jahre Sanjas weißen Ohren schon arg zugesetzt, in dem Frühjahr wurden sie dann krustig und verbrannten. Als sie einen Tag doch mal wieder da war hab ich die Chance ergriffen, sie eingefangen und wieder in mein Bad gesetzt In dasselbe Bad wie zwei Jahre zuvor. Ob sie es wohl wiedererkannt hat?
Der erste Morgen:
Aus dem Bad heraus hab ich sie erstmal zum TA gebracht und durchchecken lassen. Gücklicherweise ist sie gut beieinander und auch FIV/FelV negativ!
Nach ihrer Quarantänezeit hab ich in einem Zimmer das hintere Drittel abgeteilt und so kätzisch wie möglich eingerichtet in der Absicht sie an den Menschen zu gewöhnen. Ich hab ihr gesagt, wenn sie sich sich hier wohlfühlt uns mit meinen vieren versteht, kann sie gern bleiben. Wenn es für sie hier nicht passend ist, dann such ich ihr ein passendes Zuhause.
Die ersten Wochen waren nicht schön. Sie war starr vor Angst und ich hab mich jeden Tag gefragt ob es richtig ist was ich tue. Ob ich ihr ihre Freiheit besser hätte lassen sollen. Ob sie sich jemals in Gegenwart eines Menschen wird wohlfühlen können. Jeden Tag bot sich mir nur dieses Bild
Doch die Alternative wäre gewesen, daß ich sie wieder raussetze, dann aber ohne sie weiter zu füttern. Ihre Futterstelle zog alle anderen Katzen des Dorfes, wilde Katzen ebenso wie Nachbarskatzen, magisch an und das bedeutet ewige Revierkämpfe mit meinen Katern. Zwei Kater vom Hafen, die die Futterstelle entdeckten, hab ich je gefangen und kastrieren lassen. Die Kämpfe und die Markiererei hörten dadurch aber nicht auf. Solange Futter da steht, wird Anspruch auf den Garten erhoben und meine 4 wissen nicht wie ihnen geschieht. Das konnte und wollte ich nicht verantworten.
Und gaaanz langsam begann Sanja auch aufzutauen. In Miniwinzig-Schrittchen fing sie irgendwann an, die Leckerchen, die ich vor sie legte, auch zu fressen, kaum daß ich den Raum verlassen hatte. Dann fraß sie auch während ich noch im Raum war und schließlich knallte sie mir eine als ich die Leckerchen vor sie legen wollte. Sanja war nach Monaten endlich aus ihrer Starre raus und machte mir SEHR deutlich, daß ich ihr zu nahe kam - sie verteidigte ihre Kratzbaumhöhle, juchuh!!!
Dann fing sie an ihren Raum zu erkunden. Das hat sie auch schon vorher gemacht, ja, aber immer wenn ich kam, verschwand sie blitzartig in ihrer Kratzbaumhöhle. Bei einem der ersten Male, daß ich sie auf dem Sofa hab liegen sehen, entstand dieses Foto:
Im Sommer tauchte ein neuer Streunerkater bei mir im Garten auf und ich war nahezu glücklich ihn einfangen zu können, denn Sanja hatte durchaus nachts mal ihr ungeübtes Stimmchen erhoben und geklagt, ob sie denn ganz allein auf der Welt sei.
Den Neuen hatte ich Schmittchen getauft und ihn nach Kastra und Quarantäne nach oben in den vorderen größeren Teil des Raumes gesetzt, in dem Sanja sich im hinteren Teil befand. Die "Wand" zwischen ihnen war ja nur aus Katzennetz, so daß sie sich sehen, hören, riechen und sogar beschnuppern können, wenn sie das möchten.
Und was passierte war toll: Sanja kam recht schnell aus ihrer Höhle und stand offen mitten im Raum um Schmittchen zu beobachten. Der rote Schüchterling guckte angestrengt rechts und links an ihr vorbei und suchte sich dann doch lieber erstmal noch ein Versteck zwischen Schreibtisch und Wand. Mit Leckerchen war er aber schnell wieder hervorzulocken. Und Sanja blieb neugierig!
Und sie beobachtete mich und Schmittchen ganz genau! Beim Leckerchen futtern, beim Streicheln, beim mir-auf-den-Schoß-klettern um noch mehr Leckerchen abzugreifen, bei seinen tatzelnden Spielversuchen... einfach immer Und dazu saß sie völlig offen im Raum
Später öffnete ich die Gittertür und ließ beide Katzen den gesamten Raum nutzen. Auch da machte Sanja zu meiner großen Erleichterung keinen Rückzieher. Sie kam auf mich zu gelaufen, wenn ich den Raum betrat und die Zwischentür auf ist.
Dann setzte sie sich hin und schnurrt und schmachtet mich regelrecht an und hat mich völlig in sie verliebt gemacht
Im Winter ist Schmittchen dann glücklich vermittelt zu Dudler gezogen und der hintere Teil des Raumes wurde mit Neuzugang "Mäxchen" besetzt. Seine Geschichte folgt dann im nächsten post.
Sanja, die noch lange nicht vermitlungsbereit war, blieb im vorderen Raum und entwickelte sich in ihren Minischrittchen weiter. Sie entdeckte das Spielen mit Mäuschen und Fädchen und bewegte sich soviel wie noch nie. Die spielte und hüpfte nachts manchmal albern durch die Gegend , das war für mich unglaublich rührend zu erleben, das Bündel Angst wurde albern
Anfang diesen Jahres hatte ich für Sanja dann alle Türen geöffnet und ihr so die Möglichkeit gegeben, ihren Radius auf den Rest des Hauses zu erweitern und auch meine vier Katzen kennenzulernen. Sie hat eine Weile gebraucht um sich aus dem Raum zu trauen (es dauert aaalles bei ihr immer seeehr sehr lang) und sie hat sich mit meinen Katzen von Anfang an eher schwer getan. Sie versucht sie fauchend auf Abstand zu halten, rennt aber sofort panisch davon, wenn jemand zurück faucht. Ihr Verhalten deutet insgesamt darauf hin, daß sie draußen von der Hafen-Katzenbande wohl gemobbt wurde
Dennoch machte sie weiter Fortschritte und wurde mit mir immer vertrauter. Im Februar dann hat sie angefangen sich auf dem Sofa neben mich zu legen und dort laut schnurrend zu entspannen. Später kam sie sogar und hat mein Laptop mit ihren Wangen markiert. Und ich darf sie streicheln. Dort unter sicheren Bedingungen und von ihr selbst initiiert darf ich fast alles streicheln, Rücken, Seiten, Kopf, Wangen und ganz GANZ vorsichtig manchmal sogar den Bauch. Alles natürlich extreeeem langsam und vorsichtig, unter ständigem Säuseln und Blinzeln und immer mit dem Wissen, daß sie plötzlich "aufwachen" und in mir wieder die große angstmachende Menschin entdecken kann.
Sie ist mir sehr ans Herz gewachsen, aber ich seh im Moment auch, daß keine meiner Katzen große Lust auf sie hat. Und sie offenbar auch nicht auf meine.
Ich hatte gesagt, wenn das Zusammenleben mit meinen Katzen klappt, dann kann Sanja auch gern bleiben, zumal sie sich eben so schwer tut mit einfach
allem. Ich hatte auch lange den Eindruck, daß ein Umzug, eine neue Wohnsituation, neue Menschen, neue Katzen(?) mehr ist als ich ihr zumuten kann. Daß sie woanders wieder in ihre Schockstarre verfällt und alle mühsam geöffneten Türen auf immer verschließt. Daß sie dann so ein Schattenleben hinter einem Sofa leben wird.
Mittlerweile ist sie aus ihrem ehemaligen Raum ganz ausgezogen und kehrt freiwillig nicht mehr dorthin zurück. Sie hat sich ihre Räume gesucht und einen eigenen Tagesrhythmus erschaffen, der es ihr ermöglicht meinen Katzen aus dem Weg zu gehen und ihr aber Zeiten verschafft, in denen sie mich ganz für sich alleine hat. Sie zeigt sehr deutlich, daß sie bereit ist sich durchzubeißen und ihren Weg zu finden. Und dass sie einen sehr starken Willen hat auch!
Insgesamt hat sie sich so schwer getan, Vertrauen zu fassen und ich hab Schwierigkeiten mit vorzustellen, daß es jemanden gibt, der ihr soviel Zeit und Vertrauensvorschuß entgegenbringt, wie sie braucht. Das ist sicherlich keine sehr hilfreiche Einstellung für eine Vermittlung, aber ich bin ja gleichzeitig der festen Überzeugung, daß sie eine Chance verdient hat. Sobald ich ihren Vermittlungsthread erstellt hab, gebe ich Bescheid
